die Mosella, Gedicht des Ausonius, #Mosella
Mosella des Ausonius 371n.Ch.
im dämmernden
Frühlicht,
Vincum bewundern, dass nun mit neuer Mauer
umgeben,
Da wo Gallien einst dem latischen Cannae ge-
glichen,
wo unbeweint auf der Flur der gefallenen Beine
vermodern.
Einsamen Weg betrat ich von hier durch
düstere Forsten 5
Nicht die mindeste Spur gewahrend mensch-
lichen Anbau`s;
Kam durch Dumnifsus, das trockne, mit lech-
zenden Fluren,
Durch Tabernae, bespült von nie versiegender
Quell` und
Durch die Felder, die jüngst Sarmatischen
Pflanzern man darmaß.
Endlich erblickt ich dann an Belgiens äußerster
Grenze,
Novomagus, Constantins, des
göttlichen, herr-
liche Veste.
Reiner ist hier die Luft, und
heitern Lichtes
eröffnet
Phöbus, nun reiner schon selbst,
den purpur-
gefärbten Olympus
Durch das dunkle Gewölb der dicht
verschlun-
genen Zweige
Sucht man den Himmel nicht mehr,
versteckt
durch düstere Waldnacht; 15
Sondern die heitre Luft des hellen
Tages ver-
gönnet
Hier das strahlende Licht und dem
roethlichem
Aether dem Blicke.
Alles schmeichelte so dem Aug`,
als sähe ich die
Flur des
Heimischen Burgidala, erglänzend
im herrlichem
Anbau;
Auf dem hängendem Ufer erbaut die
prangen-
den Villen,
20
Hügel mit Reben bekrönt, des
Bacchus Gab`,
und Mosella`s
Liebliche Fluth, die hier in
stillem Murmeln
Dahinfließt.
Sei, o Fluß, mir gegrüßt, berühmt
durch
Fluren und Pflanzer,
Dem der Belge die Stadt des
Kaisersitzes ver-
Danket:
Fluß, von Hügeln begrenzt, von blühenden
Reben erduftend, 25
An dem grünenden Ufer begrenzt von
grasigen
Wiesen;
Alles hast du allein, was der Quell
und der
Bach und der Fluß hat;
Was der See und das Meer, das in
zwiefachem
Lauf zurückströmt
Ruhig gleitest du hin, und kein
Gebrause
des Windes
Leidest du, und nicht Gefahr
verborgener Klippe.
Nicht zwingt dich brausende Furt
den rasschen
Lauf zu verdoppeln,
noch hast mitten im Strom du je
vorragendes
Erdreich,
das dich hemmte; damit, wenn wo
eine Insel,
den Fluß dir
Engend, dich theilt,ihr doch des
Namens
Ehre verbleibe.
Zwiefachen Weg erkohrest du dir,
wenn ab-
wärts du strömest.
Daß die bewegete Fluth die
schnellen Ruder
durchfurchen:
Und wenn dem Ufer entlang, am
Zugtau nim-
mer ermüdend,
Sich die Leine des Mast`s der
Schiffer um
Schulter und Brust schlingt.
Oft bewunderst du selbst im eignem
Bette den
Rückfluß,
Glaubst im natürlichem Lauf du
selbst dich
träger zu sehen!
Dein Gestad` umgiebt nicht
leimentsprossenes
Schilfrohr,
Nie bedeckst mit unreinem Schlamm
du das
trockene Ufer,
Reines Wasser bespült die Spitze
des
Flußes.
Geh und bedecke die ebne Flur mit
phrygischen Platten;
Dehn` ein mamornes Feld durch
getäfelte
Säle; verachtend
Was der Reichthum nur gab und
Schätze; be-
wunder ich einzig,
Heil`ge Natur, dein Werk; nicht wo
die 50
Pracht des Nepoten
Glänzt, und, bei eignem Verlust
noch froh, die
Armuth drauf los schwelgt.
Hier deckt kiesigter Strand das
wellenbespülte
Gestad, und
Nimmer bleibt,wo den Fuß du
gesetzt hast, die
mindeste Spur da.
Auf den Boden des Stromes siehst
du durch
gläserne Tiefe;
55
Nichts hat Verborgnes der Fluß,
und wie
der heitere Aether
Offen dem Auge zur Schau da liegt,
und
schmeichelnde Lüftchen
Nicht verwehren dem Blick in
endlose Räume
zu schweifen:
Also schaut man auch hier, wenn
unermüdet
das Auge
Forscht, was die Tiefe bedeckt; es
erschließt
sich des Flusses Geheimnis, 60
Strömt er ruhig dahin, und der
Lauf der glä-
sernen Welle
Die Gestalten zeigt, die im
bläulichen Lichte
zerstreut sind:
wenn sich kräuselt der Sand, der von leiser
Welle gefurcht wird,
Und gebogenes Gras in grünlicher
Tiefe er-
zittert.
Wie, wenn im sprudelnden Quell das
Gras,
vom Wasser bewegt, sich 65
Beugt und ein Steinchen dann bald
sich zeigt,
bald wieder bedeckt ist,
und aus grünlichem Moos der blanke
Kiesel
hervorblitzt:
(Wohl kennt solcherlei Bild der
kaledonische
Britte,
Wenn die Ebbe das Meergras
entblößt und ro-
the Korallen,
Und der Muschel Frucht, die weißen
Perlen,
des Menschen
70
Reiche Freude, die hier in den
Wellen dun-
kelem Schoose,
Ein natürlich Geschmeid, nachahmen
weib-
lichen Haarschmuck.)
So in Mosella`s lieblicher Fluth,
die ruhig da-
hin strömt,
Schimmert der blinkende Kies durch
schwan-
kende Halme empor auch.
Doch ermüdet den Blick, den
gespannten, in
spiegelnder Tiefe
75
Schlüpfriger Fische Schaar, die
spielend im
Fluße umherrirr`n.
Nicht vermag ich die Arten all und
ihr krauses
Geschwimme,
nicht die Heere, die hier dem
Strom` entge-
gen sich winden,
Ihre Namen, die Spröslinge nicht
des zahlrei-
chen Stammes
All zu beschreiben; es wehrt`s,
dem das zweite
Loos als sein Erbtheil, 80
Und der Schutz des
Meerbeherrschenden Drei-
zacks zu Theil ward.
Aber du, des Gestad`s Bewohnerin,
Nais,
beschreibe
Mir die Chöre des schuppigen Heers
in spie-
gelnder Tiefe,
Und im bläulichen Fluß die
zahllose Scharen
der Schwimmer.
Schuppig leuchtet im
grasbewachsenden Sande der
Aland
85
Zarten Fleisches, und ganz von
unzähligen Gräten durchwachsen,
länger tauglich auch nicht als
zwei mal drei Stunden zur Speise.
Und mit purpurnen Flecken gestirnt
den Rü-
cken der Salar;
Redo auch, der nie durch spitze
Gräte ver-
wundet
Und entfliehend dem Aug` durch
schnelles
Schwimmen die Umbra.
90
Du auch, mühsam dich windend
durchs Bett
des krummen Saravus,
wodurch felsigte Pfeiler die
sechsfache Mün-
dung hervorbraust,
endlich angelangt dann im
berühmterm Fluße,
o Barbe,
Uebst, nun freier schon selbst,
die Floßen in
weiterem Umkreis,
Beßer, je älter du bist; nur dir
allein ward zu
Theil, aus 95
Aller Lebenden Schaar, ein nicht unrühmliches
Alter.
Dich auch will ich, o Salm, mit
röthlich schim-
mernden Fleische,
Nicht übergeh`n; der Schlag deines
breiten
Schweifes erhebt sich
Aus der Mitte des Stroms, bis hin
zur obersten
Welle,
Wenn der verborgene Stoß auf
stiller Fläche
bemerkt wird.
100
An bepanzerter Brust mit Schuppen
bedeckt,
an der Stirne
Glatt und ein lecker Gericht bei köstlich
be-
reiteter Mahlzeit
Bildend, hältst du dich
unverdorben längere
Zeit durch;
Flecken bezeichnen den Kopf, es
schwappelt,
gefüllt dir der Magen,
und von strotzendem Fett der
aufgedunsene
Schmeerbauch
105
Du, in Illyrien auch und des
doppelnamigen
Isters
Wellen, durch schwimmenden Schaum
dich
selbst verrathend, Mustella
wanderst auch in unser Gestad, daß
nimmer
Mosella`s
Fischreiche Fluth eines so
gepriesnen Bewohners beraubt sey.
Welche Farb´ der Natur hat dich gemalet? den
Rücken 110
Zeichnen schwarze Punkte, von
gelblichen Kreisen
umzogen;
Grünliche Bläue bedeckt die
glatten Seiten; bis
zu des
Körpers Mitte von Fett erstrotzest
du, aber von
da an,
bis zur Spitze des Schweifs,
verschrumpft die trockene Hülle.
Dich, der Zierde des Mahls, o
Barsch nicht
darf ich verschweigen, 115
Wenn auch der Fisch nur des
Strom`s, doch gleich
zu schätzen dem Seefisch,
Selbst dich zu meßen allein vor
allen geschickt
mit dem Rothbart.
Nicht ist fad dein Geschmack, die
Theile des
fleischigen Leibes
Sind durch Schliefern verknüpft
und durch die
Gräte getrennt doch,
selbst der Bewohner des Sumpfs,
verspottet
durch latischen Namen
120
Lucius, quakenden Frosches
gefürchtet Verder-
ben, weilt hier auch;
Dunkle Höhlen bewohnt er, umgeben
von
schlammigen Schilfrohr.
Hier wird er nimmer gesucht zum
Gebrauche
der Tafel, denn einzig
Wird am qualmenden Herd er
gebraten in
dampfiger Garküch.
Wer auch kännte wohl nicht die
grünen Schlei-
hen des Volkes
125
Labsal? die Blecke wer nicht, die
Beute an
gelnder Knaben?
Nicht die Alse, zischend am Herd
des Dürf-
tigen Speise?
Wer von zwey Geschlechtern dich
nicht du
keins` und doch beides,
weder Salar noch Salm, ein Mittelwesen von
beiden,
Fario, du, in der Hälfte von
beider Alter ge- 130
fangen?
Unter den Schaaren des Stroms auch
du nicht
minder gepriesen,
Gründling, größer du nicht, als
zwei Hand
breit, ohne die Daumen.
Fetten Fleisches und rund, mit
rogenerfülletem
Bauche,
Aehnelnd der Barbe sogar mit
vorwärts hän
gendem Kamme.
Feiern muß auch ich dich, du
Seethier, gros
ser Silurus! 135
Wohl, ich wähn` es, bist du, deß
Rücken
mit attischem Oele
Uebersalbt uns erscheint, des
Flusses Delphin;
denn gewaltig
Wälzest im Strom` du dich fort,
den langen
Körper mit Mühe
Windend, durch seichte Furt des
Flusses ge-
hemmt und durch Schilfrohr.
Doch wenn im ruhigen Strom in
gewalt`ger
Bewegung du hineilst,
140
Staunen die Ufer dich an, die
grünen, und
bläulicher Schwimmer
Schaar, und die heitere Fluth, es
erbrauset die
Tiefe des Flußes,
Und zum äußersten Rand stürzt hin
die tosende
Welle.
So im atlantischen Meer, wenn ans
der Tiefe
den Wallfisch
Stürmender Wind ans Ufer und
geschleudert und
eigne Bewegung,
145
braust die erschütterte Welle, die
himmelhoch
sich empörthürmt,
und das nahe Gebürg befürchtet
drohenden
Einsturz.
Unser Silurus jedoch, der zahme
Wallfisch Mo-
sella`s,
Ist, von Verderben entfernt, die
Ehre des herr-
lichen Flusses.
Doch genug ist beschaut die nasse
Bahn,
und der Fische 150
Schlüpfriges Heer, und gezahlt
genug die man-
cherlei Schaaren.
Anderes Schauspiel bringe dann nun
dem Auge
die Rebe,
Und des Bacchus Geschenk erfessle
den unste-
ten Blick sich,
Wo der Gipfel des Bergs zu
endloser Höhe
emporsteigt,
und der Fels und die sonnige Höh`
die rankende
Rebe
Rhodope auch und Pangaeus erblühn
vom Sor-
Genbezwinger;
So an thracischer Fluth ergrünen
des Ismarus
Hügel:
So mahlt der heimischen Rebe
Gewächs die
Gelbe Garumna.
160
Von der steilen Höhe herab zu der
Neige des
Hügels
Ist des Flusses Rand bedeckt mit
grünender
Rebe.
Ueber die Arbeit erfreut das Volk und die em-
sigen Pflanzer
sieht auf der Höhe man bald des
Bergs bald,
auf niederem Hügel,
jauchzend in albernem Schrei`n sich
zu; der ei-
lende Wandrer
165
gehend dem Ufer entlang, und auf dem
Flusse
der Schiffer
Singen ein spottendes Lied verspätetem Win-
Zer; es hallen
Wieder der zitterne Wald, der Fels und ge-
bogene Thalschlucht.
Doch nicht den Menschen allein ergötzt
Der Anblick der Gegend;
Ländliche Satyrn auch, wähn` ich und grüne
Naiden,
Kommen am aeussersten Rand des Flusses hier
zu einander,
Wenn, von neckender Lust gereizt, bocksfüs-
sige Pane
Tanzen im Strom` umher, zu schrecken die
Schüchternen Schwestern
Unter der Fluth, die sie mit plumpen Fäusten
bewegen.
Oft wenn mitten im Berge Panope, die Nymphe
des Flusses,
175
eine Traube sich nimmt bei den Freundinnen,
den Oreiaden,
Flieht sie, von schäckernden Faunen verfolgt,
den Göttern des Feldes.
Oft man sagt`s, wird auch, wenn mitten am
Himmel die Sonne
Glüht, am gemeinsamen Strom, von Satyrn und
grünliche Schwestern,
Fröhlicher Reigen gefeirt, wo brennende Hitze
des Mittags 180
Heimliche Stunden gewährt, nicht gestört vom
Zulauf der Menschen.
Schäkernd hüpfen dann im Strom die Nymphen
und tauchen
in das Waßer die Satyr´n schlüpfen
den kunstlosen Schwimmern
Aus den Händen hinweg, die, wähnend schlüpf-
rige Glieder
zu erhaschen, getäuscht nur flüssige Wellen
umarmen.
185
Doch da keiner es je geschaut, noch ein Aug `
es bemerkt hat –
Darum sey nur dieß zu enthülln mir erlaubt,
das Geheimniß
Bleibe heilig, das nur verschwieg`nen Wogen,
vertraut ward.
Frei zu schau`n doch ist das herrlichstes Schau-
spiel, wenn schattig
Sich im bläulichen Fluß der Berg abspiegelt;
es grünen 190
Dann die Wellen des Stroms, der selbst mit
Reben bepflanzt scheint!
Und wie lieblich malt sich die Fluth, wenn
dämmernde Schatten
Hesperus bringt, und mit grünendem Berg Mo-
sella bedeckt scheint!
Kräuselnd sich schwimmt im Strom der Hügel.
es zittert die Ranke
In der glänzenden Fluth, wo die strotzende Trau-
be sich spiegelt 195
Sanft hingleitend zählt getäuscht der Schiffer die
grünen
Reben im Strom, wenn leicht der Kahn auf
silberner Fläche
Treibt, wo des Hügels Bild, des grünen, dem
Fluße vermählt sich,
Und die Welle vereint die nah sich fallenden
Schatten.
Lieblichen Anblick gewährt dem Auge sol-
cherlei Schauspiel, 200
Wenn die beruderten Kähne bald kämpfen mit-
ten im Strom`: und
Mancherlei Wendung beginnen, und bald längs
grünendem Ufer
Ueppige Keime der frisch gemähten Wiese be-
streifen.
Wenn, wie hinten im Kahn, so vorn, man die
munteren Steurer
Sieht, und der Knaben Hauf, der froh auf der
Fläche umherschweift 205
Schiffend erblickt, vergißt man der Zeit und
ernster Geschäfte,
Und die Anmuth des Spiel`s vertreibt die frü-
heren Sorgen.
Solcherlei Spiel erblickt auf Cumä`s Wogen Ly-
äus,
Wenn er auf rebenbewachsener Höh des schwef-
ligen Garaus
Wandelt, und in Vesuvs, des dampfaushauchen-
den, Weinbergs:
210
Als ob August`s Triumph bei Actium Venus er-
freut eins
Gauckelnden Amorn befahl, die wilden schlach-
ten im Spiele
Aufzuführen, die Roms Dreiuder und nilische
Schiffe
Unter Leucas Burg, geweiht dem Apollo ge-
liefert:
Oder des pompejanischen Krieg`s Gefahren bei
Mylä 215
Aufs Avernum ertönendem See euboische
Kähne
Vorstell`n und den unschädlichen Kampf und
die spielende Seeschlacht,
Wie in Pelerus Gesicht, des Sikulischen, bläu-
liche Meerfluth
Unter grünlichem Bild abspiegelt. Eben so hier
auch
Leih`n die Jugend, der Fluß und die bunt be-
maleten Kähne 220
Keine andre Gestalt dem Heer muthwilliger
Knaben,
Uebergießt die Sonne sie dann mit brennenden
Strahlen,-
Spiegelt des Schiffers Gestalt sich ab in gläser-
ner Tiefe!
Umgekehret erscheint des vorwärts gebogenen
Körpers
Schatten; und wie bald links, bald rechts, be-
hende Bewegung 225
Folgt, und der Ruder Gewicht sie wechselnd
tauschen, so zeigen
Selbst, ein feuchtes Gebild, die wechselnden
Schiffer im Strom sich!
Und am eigenen Schatten ergötzt sich der
schiffenden Knaben
Heer, und staunt daß im Strom die Gestalten
täuschend sich spiegeln.
Wie wenn den Schmuck des sorgsam gewunde-
nen Haares die Amme 230
Zeigen will dem geliebten Kind` und des glän-
zenden Spiegels
Fern hinschimmernd Metall zum erstenmale ihm
Verhält,
Und das Jüngferchen dann des nie gesehenen
Spiels sich
Freut, und, ein schwesterliches Bild zu sehen
Wähnend, den blanken
Spiegel mit Küßen bedeckt, vom Bilde nimmer
erwiedert; 235
Dann die befestigten Nadeln erfaßt, und am
Rande der Stirne
Das gekräuselte Haar mit der Hand zu wirren
Bemüht ist:-
So bei der Schatten täuschendem Bild erfreut
sich der Knaben
Hauf in dem Schiff und ergötzt sich an Bildern
des Wahren und Falschen.
Und wo die Ufer dann den leichten Zutritt
Gestatten 240
Zu dem Flusse, da spürt der Fischer gierige
Schaar stets
Nach den Fischen, die selbst in der Tiefe
Schooß nicht geschützt sind.
Fern aus der Mitte des Stroms zieht der das
triefende Zuggarn,
Schleppt die betrogene Schaar heraus in knoti-
gem Netze.
Doch, wo im stillen Lauf des Flusses Welle
hinabströmt, 245
Lenkt das schwimmende Netz mit kork`nen
Zeichen ein Andrer.
Der, vom Felsen gebückt auf das unten fließen-
de Wasser,
Senkt die gebog`ne Spitze hinab der geschmei-
digen Ruthe,
werfend mit tödtlichem Köder versehn` die
spitzige Angel.
Wenn, nicht kennend den Trug, der Fische
schwärmende Schaar sie 250
Gierig verschlingt; und zu spät des verborg`nen
Eisens Verwundung
Fühlt in der Tiefe des weit geöffneten Schlun-
des, so zeigt sich
Durch das Zappeln der Fang dann an, dem
Kräuselnden Zittern
Der bewegten Schnur entspricht das schwan-
kende Rohr auch.
Schnell mit Gewandtheit reißt die erschütterte
Beute der Knabe 255
Mit der schwirrenden Ruth ans Land; es tönet
sein Athem.
Wie, wenn von dem Knall der schallenden
Ruthe die Weite
Rings ertönt und zu der bewegten Luft noch
der Wind braust.
Träufelnd hüpft die Beut` umher auf trockenen
Steinen,
Fürchtend tödtlichen Strahl des Lichtausgießen-
den Tages. 260
Dem im gewohntem Strom die Kraft geblieben,
verhaucht dann,
Schlaff in unsrer Luft, mit schweren Athmen,
das Leben.
Matte Bewegung allein folgt noch des kraftlosen
Körpers,
und der schrumpfende Schweif erzittert schwä-
cher und schwächer;
nicht mehr schließt sich der Schlund; den ein-
gezogenem Athem 265
Giebt in tödlichen Hauch zurück die schmach-
tende Kiffe.
So, wenn der Bälge Wind das Feuer anfacht
der Eße,
Schöpft und verschließt die Luft, durch zwiefach
wechselnde Oeffnung,
Dann das woll`ne Ventil berührend die buche-
nen Höhlen.
Manchen, dem Tode schon nah, sah ich doch
aufs neue des Lebens 270
Geister sammeln, und bald empor sich schnell-
Lend, dann plötzlich
Wieder sich stürzen hinab in den Strom, der
Unten vorbeifließt;
So sich freuend aufs neu` des langentbehrten
Gewäßers.
Trauernd ob des Verlust`s sprngt unbesonnen
der Knabe
Von der Höh`, und sucht in eitlem Müh`n ihn
zu haschen.
275
So am boeotischen Meer der Anthedonische
Glaukus,
Als er die tödlichen Kräuter genoß der zau
b`rischen Circe,
Und von sterbenden Fischen benagte Graeser
genommen,
stürzt ins carpathische Meer sich hinab, ein neuer
Bewohner.
Mit der Angel zu fischen geschickt und dem
Netze, durchwühlend 280
Sonst die Tiefe der See, auskehrend grünliche
Meerfluth,
Schwamm der Räuber nun selbst einher bei
gefangenen Schaaren.
Solcherlei sieht am bläulichen Strom die Reihe
der Villen,
Mit erhabenem Dach auf steilem Felsen gegrün-
det;
Wo der schlängelnde Fluß in gebognen Krüm-
men hindurch irrt, 285
Trennend die Villen, womit die beiden Ufer
geschmückt sind.
Wer wohl bewunderte noch das aestische Meer,
und der Helle
Fluth, wer die Straße noch wohl des Abydeni-
schen Jünglings?
Wer von Calchedo`s Gestad` bedeckt von der
Brücke die Meerfluth,
Großen Königes Werk, da wo ein enger Kanal
Nur 290
Wehrt, daß Europas Land mit Asias Küsten
sich eine?
Nicht die tosende Wuth ist hier des Meers,
noch der Winde
Stürmend Gebraus; gegönnt ist`s hier Gespräch
zu beginnen,
Und in wechselndem Ruf der Unterhaltung zu
pflegen.
Selbst die grüßende Stimmen gesellen freund-
lich die Ufer, 295
Wohl die Stimmen, die Hände wohl gar; die
tönenden Worte
Wiederholt, auf der Mitte des Stroms sich
begegnend, das Echo.
Wer vermag, den unendlichen Reiz und
die Zierde erzählend,
Wohl zu beschreiben die Art des Bau`s an
jeglicher Villa?
Nicht verschmähte dies Werk der Flügelträger
aus Gortyn, 300
Welcher Kumä`s Tempel
gebaut, den, als er-
den Unfall.
Ikarus bildet` in Gold, die Vaterschmerzen er-
griffen.
Philo nicht von Athen, nicht der, gepriesen
vom Feind gar,
Einst den berühmten Kampf des Syrakusischen
Krieges
Zog in die Länge. Vielleicht, was Kunst und
menschliche Hand hier 305
Schuf, hat im zehnten Buche der Hebdomas
Marcus gefeiert.
Wohl blühte hier des Menecrates Kunst, und
die Hand die bestaunt zu
Ephesus ward, und berühmt durch Pallas Tem-
pel Ictinus,
Dem mit magischer Farbe belebt die Eule der
Vögel
Zahllose Schaar anlockt, die durch bloßes
Anschaun sich tödtet.
310
Auch der Erbauer vielleicht des Ptolemä`schen
Pallastes,
Dinocrates, war hier, dem als vierseitiger Ke-
gel,
Die Pyramide sich hebt, den eignen Schatten
verzehrend.
Dem befohlen einst ward, ob dem blut-
schändener Liebe,
Aufzuhängen Arsinoe`s Bild in des pharischen
Tempels 315
Höh`. Es wirket mit Kraft der Magnet in künst-
licher Wölbung,
Haltend am eisernen Haar des angezogene Mägd-
lein.
Sie, oder ähnliche doch, - wohl ist`s zu glau-
ben nicht Unrecht-
Haben hier im Belgierland die Pracht der Häuser
gegründet,
Und die hohen Villen erbaut, die Zierden des
Stromes. 320
Auf natürlichem Felsengeklipp`erhaben ist
diese,
Auf des Ufers erhöhetem Rand die andere ge-
gründet,
Jene zieht sich zurück, den Strom im Schoos`
sich behauptend.
Die den Hügel besitt, der am meisten über
den Fluß sich,
Neigt, sie hat über Flur und Wald die herr-
lichste Aussicht, 325
Und der reiche Blick genießt des eignen Be-
sitzthums.
Diese wieder im Thal auf bespülter Wiese ge-
baut, hat
Sich dem natürlichen Vortheil ersetzt des höhe-
ren Berges,
Steigt mit erhabenem Dach zum Aether drohend
empor, und
Prangt mit hochaufragendem Thurm, wie das
Memphische Pharos. 330
Dieser ist`s eigen, in rings verstopftem Tümpel
die Fische
Eingeschlossen zu fahn im Raume sonniger
Klippen.
Die, auf äusserster Höh` gestützt, schaut schwin-
delnden Blickes
Auf den Fluß hinab, der tief im Thale dahin-
strömt.
Ob der Hallen ich noch gedenk` auf grünen-
den Wiesen? 335
Ob, der Dächer wohl noch, die auf zahllosen
Säulen gestützt sind?
Ob, auf des Flußes Rand gebaut, der dampfen-
den Bilder,
Wenn aus tief erglühenden Pfuhl die lodernen
Flammen
Mulciber durch das Böden Höhlung schöpfend
dahin wälzt,
Häufend verschlossenen Dampf, den des Feuers
Hitze hervorbringt. 340
Wohl gesehn hab` ich vom vielen Schweiße
des Bades
Matt, die Wanne verschmähn und den kühlen-
den Teich, wie so Mancher
Fließend Waßer gebraucht, und bald erquickt von dem Strom
ward,
und mit plätscherndem Arm die kühlen Fluthen zertheilte.
Wär`ein Fremdling hier von Cumä`s Ufern,
er glaubte 345
Traun! es habe verkleinert sein Bild das Eubo-
ische Bajae
Diesem Orte verliehn. Solch Schmuck und lieb-
liche Zierde
Ziehn uns an, doch erzeugt die Freude nimmer
Verschwendung.
Wo aber end`ich wohl zu singen die bläu-
lichen Wellen?
Wo zu preisen wohl dich, dem Meer vergleich-
bar. Mosella? 350
Da der Flüße soviel rings durch verschiedene
Mündung
Strömen hinab zu dir? Obgleich sie ändern den
Lauf auch
Könnten, so eilen sie doch, den Namen in dir
Zu verlieren,
Denn von Pronaeas und Nemesas Laufe ver-
größert,
Eilet Sura sich auch, dein werth, mit dir sich
zu einen; 355
Sura, welche die aufgenommen Waßer dir
mittheilt,
Mehr, wenn mit dir sie vermisct, unter deinem
Namen berühmt, als
Wenn zum Vater Pontus hinab sie unbekannt
Strömte.
Gelbis, der reißende, eilt, es eilet mit ihm
Erubrus,
Ob des Marmors berühmt, zu dir mit dienender
Welle. 360
Weit ist Gelbis bekannt durch edle Fische, doch
jener,
Wo der Ceres Gestein in unaufhörlichem
Schwung sich
Dreht und die knarrende Säge den glatten
Marmor zertheilet,
Hört den beiden Ufern entlnag anhaltend Ge-
töse.
Lesura übergeh ich nun den kleinen Dra-
Honus 365
Noch erwähn ich hier der verachteten Waßer
Salmonas.
Schiffbar, mit wellenertönender Fluth ruft längst
mich Saravus,
Ausgebreitet das ganze Gewand, der weit sich
unherzieht,
Daß an Augustas Mau`r ermüdet die Mündung
er öffne.
Nicht geringer als er bestreift durch fette Ge-
Filde 370
Alisontia, still hinfliessed, die fruchtbaren
Ufer.
Tausend andere noch, wie jeden sein Unge-
stümm antreibt,
Wünschen die deinen zu seyn; so groß ist der eilende Wellen
Kraft und Maße. Wenn Smyrna dir, o hehre
Mosella,
Oder Mantuas herrliche Stadt ihren Sänger ver-
liehen, 375
wich der gepriesee Simois dir am ilischen
Lande.
Tibris erkühnte sich nie, zu erhöh`nen die eigene
Ehre.
Mächtige Roma, verzeih! Es bleib`,
ich flehe,
der Neid fern;
Nemesis, unbekannt der latischen
Sprache, sie
schirme
Stets des Reiches Sitz und Romas
würdige Vä-
ter. 380
Gruss, du hehre Mutter der Frücht`
und
Männer, Mosella!
Edler Stamm ziert dich und
kriegsgeübte Ju-
gend,
Die Beredsamkeit auch, nacheifernd
latischer
Zunge.
Wohl auch Sitten hat die Natur,
und bei ern-
sterer Miene
Fröhlichen Sinn verliehn, die
hehre, deine Um-
wohnern. 385
Roma kann nicht allein sich rühmen
seiner Ca-
tonen,
Noch ist Aristides, der die alte
Athenae ver-
herrlicht,
Nur der einz`ge, der stets, was
recht und gut
ist, erfüllt hat.
Doch, von Liebe zu dir besiegt,
was schweif
ich so weit wohl,
Und vermindere dein Lob? Birg,
dann, o Muse,
die Leyer, 390
Da zum Ende des Liedes nun bald
die Saiten
erklungen.
Einst noch kommt die Zeit, wenn
die geschäfts-
lose Muse
Mir die Dichtkunst versüßt und des
kalten Al-
ters ich pflege,
Wo mich des Stoffes Ehr` empfiehlt;
dann fing`
ich der Belgen
Thaten allein und des herrlichsten
Schmuck,
die Sitten des Landes. 395
Pieriden weben mir dann von feinem
Ge-
spinnste
Zarten Gesang, mit dünnem Garn die
befestigte
Werfte (?)
Wirkend durch, auch meinem Lied
wird zu
Theil dann der Purpur.
Wer bleibt ungepriesen mir dann? Den fried-
lichen Pflanzer,
Sing`, ich dann, den Kund`gen des Rechts
und
Den Starken der Rede 400
Der Beklagten mächtigen Schutz,
die der Rath
als die ersten
Seiner Bürger gesehn, und dann den
eigenen
Senat auch;
Die berühmte Wohlredenheit auch
der höheren
Schule
Zu dem Ruhme gebracht des alten Quintilianus,
auch die ihre Städte regiert und
blutlos den
Richtstuhl 405
Stets erhielten, und nur mit Ruhm die
Fasces
geführet.
Die der Italer Volk und die
nordgeborenen
Britten
Als Praefecten beherrscht im
zweiten Range ge-
bietend.
Auch der Rom, der Erde Haupt, und
das Volk
und die Väter
Nur nicht im ersten Range regiert,
obschon er
den Ersten
Gleich gewesen, es eilt das
Schicksal endlich
den Irrthum
Zu verbessern anjetzt, nachholend
kleine Be-
lohnung,
Wird es den Glanz ihm noch der
wahren Eh-
re gewähren,
Der auf den späten Enkel sich pflanzt.
Doch
werde das Volk erst,
das begonnen, vollführt. Das Lob
verschiebend
der Männer
415
Sing` ich den glücklichen Fluß,
der hin durch
durch grüne Gefilde
Froh sich schlängelt und weih` ihn
dann
Den Wellen des Rhenus.
Breite Rhenus den bläulichen
Schoos und
das grüne Gewand du
Weiter nun aus, den Raum dem neuen
Fluße
bereitend
Brüderlich Waßer häufet dich an,
und nicht
in der Well` ist
Einzig sein Werth; den strömend herab
von
den Mauern Augustas,
Hat`s die Triumphe gesehn,
vereint, des Soh-
nes und Vaters,
Als den Feind sie verjagt von
Nicer und Lupo-
dunum.
Und von den Histers Quell, nicht
bekannt der
Lateiner Annalen.
Dieser Lorbeer schon kommt dir nun
nach be-
endetem Kriege,
425
Andere bringt er dir bald. So
strömt dann
beide vereint nun
Fort und brauset ins purpurne Meer
mit verbrü-
derter Welle.
Fürchte Rhenus, du Herrlicher! nicht, geringer
zu scheinen;
Nichts vom Neide ja hat der Gast,
stets bleibet
dein Name;
Nimm, des eigenen Ruhm gewiß, den
Bruder
dann auf nun.
Reich an Waßern und reich an
Nymphen, bei-
den geräumig:
Wird den Zwillingsufern dein Bett
ausdehnen
die Trennung,
Und gemeinsamen Weg durch
verschied`ne Mün-
dung ergießen.
Kräfte treten dir zu, die Franzien
und die Cha-
maven,
Die Germaner selbst scheu`n; erst
dann bist du
sicherer Grenzfluß. 435
Doppelter Name wird von diesem
Fluße zu
Theil dir,
Wirst, ob aus einem Quell du auch
strömst, doch
zweigehörnt heißen.
Also sang ich, vom Volk der
Vivisker lei-
leitend (?) die Abkunft,
Länsgt der Belgier Gast, nicht
erst durch neu-
liches Bündniß,
Ausonius, ein Römer von Nam`, deß
heimi-
sches Land ist 440
Zwischen der Gallier äußerster Grenz
und der
hohen Pyrene,
Wo Aquitania sich erfreut der
biederen Sitten,
Kühn zu schwacher Sait`. Es sey
dem heiligen
Fluss` mir
Nur zu weihen erlaubt ein geringes
Opfer der
Museen.
Lob auch ist nicht mein Ziel;
Nachsicht erbitt`
Ich. Es sind dir, 445
holder Strom, ja soviel, gewohnt
die heiligen
Fluthen
Zu berühren, und ganz Aganippens
Quell zu
erschöpfen.
Ich aber will,- wie gering die
Dichterader
auch ströme –
Wenn ins heimische Burdigala, die
Zuflucht des
Alters,
Der erhabene Vater und Sohn,meine
süßeste Sorge, 450
Mit Ausonischen Fasces geschmückt
und curu-
lischer Ehre,
Mich gesendet, wenn einst die Zeit
des Dienstes
vorbei ist,
Weiter besingen alsdann das Lob
des arctoischen
Stromes,
Städte füg` ich dann bei, die im
stillen Bett du
vorbei strömst;
Vesten auch, die in altem Baue zu
dir herab-
schaun;
Füge, zum Schutze gebaut des
feinbedrohten
Besitzthums,
Burgen hinzu, dem sicheren Belgen
nun dienend
als Scheune.
Füge die glücklichen Pflanzer auch
bei von jeg-
lichem Ufer,
Und dann dich, wie mitten im Mühn
der Men-
schen und Thiere
Du die bestreifst und üppige
Saaten durch-
schneidest 460
Nicht wird Liger sich dann, nicht
die schnelle
Axona vorziehn,
Matrona nicht, als Grenz` die
Belgen und Gal-
lier scheidend,
Selbst, Carantonus nicht, den
Santons Meerfluth
zurücktreibt.
Stehn wird nach der Fluß, gewälzt
von eisiger
Berghöh`,
Duranius, es setzt den
goldmitführenden Tar-
nis
465
Gallien nach. Es wird, der über
wirbelnd Ge-
stein sich
Brausend wälzt, ins purpurne Meer hinströmen
Aturrus,
Der Turbellische (?) , wenn er
zuvor Mosella ver-
ehrt hat,
Bis zum äußersten Land gefeiert
sey dann,
Mosella,
Du gehörnte! nicht da zu feiern
blos, wo der
ersten 470
Quell` du entsrömst und den Schmuck des gehörn-
ten Hauptes entfaltest,
Und wo durch schlängelnd Gefild den ruhigen
Lauf du dahinziehst,
Oder wo an Germanias Port die
Mündung du
ausströmst.
Wenn auf solcherlei Sang die Muße jemand
ver-
wendet, 475
Lebst in der Menschen Mund du fort
in fröhli-
chem Liede.
Kennen werden dich dann die
Quell`n, die
spiegelnden See`n und
Bläuliche Ström` und, der Ruhm der
Gau`n, die
Heiligen Haine.
Ehren werden Druna dich dann und
Druentia,
unstät
Strömend in niederem Bett` und die
Alpenflüß`
und der Rhodan, 480
Der durch doppelte Stadt hinströmt
und das
rechte Gestad nennt.
Preisen will den blauen See`n und
den wo-
genden Strömen
Ich dich alsdann und selbst der
meerbewegten
Garumna.
Ende
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